Chen-Taijiquan Göttingen
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Taijiquan

 
Taijiquan: „Faust (Quan) des allerhöchsten (Lebens-) Prinzips (Taiji)“
 
So lässt sich die traditionelle chinesische Kampfkunst wörtlich übersetzen. Ying und Yang, die Pole des Lebens, stehen im ständigen Wechselspiel zueinander, ergänzen sich zum harmonischen Ganzen durch beständiges Fließen vom Einen zum Anderen.
Wenn man sich damit tiefer auseinandersetzt, wird klar, warum Taijiquan gleichzeitig Kampfkunst und Heilkunst sein kann, sein muss: Der Yang-Aspekt findet sich im Nach-außen-gerichtet-Sein der Kampfkunst und diese funktioniert immer besser, wenn man sich selbst bis ins tiefste Innere kennt und optimiert (Yin-Aspekt).
Der Wechsel, das Verändern ist das einzig Beständige. Wenn man das wirklich im tiefsten Inneren beherzigen kann, ist man frei. Frei von Vorstellungen, Wünschen, Sorgen und Ängsten. Deshalb hört man im Unterricht häufig folgende Anweisungen: Lass los, entspann dich, sei natürlich, denk nicht so viel, sei einfach! Großmeister Chen Xiaowang drückt es so aus, wenn er vor seinen Schülern steht: „Halb denken, halb nicht denken - halb denken, halb fühlen!“ So sollte man für sich üben.
Für mich ist Chen Taijiquan tatsächlich „Meditation in Bewegung“!

 

 
 
Chen-Taiji üben, ist üben im Hier und Jetzt zu sein. Sich bewusst sein, was wirklich ist. Ich nehme wahr, wie ich stehe, mich bewege, wie ich atme, was ich denke, was ich fühle. Was mehr ist das Leben?

Chen

Die Chen-Familie ist seit 1376 unter Führung von Chen Bo (1. Generation) in der Provinz Henan am Gelben Fluss ansässig. Sie war schon damals bekannt und berühmt für ihre kämpferischen Fähigkeiten.  Teils Bauern, teils Kämpfer, wurden sie von Landesfürsten oder Oberen aus der Umgebung angeheuert, um Truppen entscheidend zu verstärken oder z. B. Siedlungen gegen fremde Truppen zu verteidigen.
In ihrem kleinen Dorf Chenjiagou (Der Graben der Chen) war es dann General Chen Wangting (9. Gen., 1597–1664), der in den historischen Schriften als der erste Chinese erwähnt wird, der Qigong und Meditation als wesentliche Ausbildungsinhalte für seine Schüler (= Familie) in die Kampfausbildung einbrachte. Ein auch angesichts des Todes ruhiger Geist und ein zentrierter Körper machen den Taiji-Übenden gesund und kräftig und somit effektiv im Kampf. Aus einer äußeren Kampfkunst Gongfu machte er die innere Kampfkunst Taijiquan.
Chen Changxing (14. Gen., 1771–1853) wurde einerseits wegen seiner herausragenden kämpferischen Fähigkeiten berühmt. Außerdem entwickelte er die in der heutigen Zeit als Grundformen praktizierten Laojia Yilu (Alter Rahmen, erste Form) und Laojia Erlu (Alter Rahmen, zweite Form). Die 75 Bilder der Laojia Yilu sind größtenteils langsam und weich und nur vereinzelt explosiv und hart auszuführen. Dagegen wird die Laojia Erlu hauptsächlich schnell und explosiv trainiert. Ihr Beiname ist Paochui (Kanonenfaust).
Ausgerechnet ein anfänglich im Verborgenen mitübender – weil nicht zur Familie gehörender –Schüler, Yang Fukui, machte das Taijiquan der Chens in Peking berühmt. Man nennt ihn bis heute Yang Luchan (Der Unbesiegbare). Auf seine Nachkommen geht der im Westen bekanntere Yang-Stil zurück, der keine Explosivbewegungen mehr übt.
Hochverehrt ist Chen Fake (17. Gen., 1887–1957); nicht nur, weil er die Laojia-Formen in immer kleineren Spiralen durchlaufen und somit die Xinjia Yilu und Erlu (Neuer Rahmen, erste und zweite Form) kreiert hat und sich den Ruf des Unbesiegbaren erwarb, sondern vor allem durch seine hohe Moral, die er an den Tag legte und natürlich durch seine Heldentat, ganz allein eine Stadt gegen Reitertruppen verteidigt zu haben.
Der Enkel Chen Fakes, Chen Xiaowang (19. Gen., geb. 1946), musste in jungen Jahren seinen Vater entbehren, der – durch Rotgardisten wegen seiner Hingabe zum Taijiquan gefoltert – früh verstarb. Auch er sah sich in den politischen Wirren der 60er Jahre gezwungen, eine Zeit lang nur im Geheimen und nachts zu trainieren (nach eigenen Angaben jede Nacht 30 Formen!).
Als sich China langsam nach außen öffnete, war Chen Xiaowang als einer der vier Wächter Buddhas der erste Ansprechpartner japanischer und westlicher Kampfkunst-Enthusiasten, die das originäre Taijiquan  erlernen wollten. Er entwickelte die 19 Seidenübungen (Cansigong) und die 19er Form, um das grundlegende innere Prinzip des Taijiquan zu verdeutlichen und diese geheimnisumrankte Kunst für jeden erlernbar zu machen. Im Rahmen seines mit seinem persönlichen Meisterschüler Jan Silberstorff gegründeten Weltverbands WCTA (World Chen Taiji Association) lehrt er mit enormen persönlichen Einsatz und aller Offenheit in der ganzen Welt. Er ist offizieller „lebender Staatsschatz der VR China“.
Großmeister Chen Xiaowang mit (Zieh-) Söhnen (Foto: privat)
Kalligrafische Zeichen und Yin-Yang-Zeichen:  © www.china-zeichen.de
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